- Der Konflikt zwischen Israel und Iran ist eine äußerst instabile Situation mit verschiedenen möglichen geopolitischen Ausgängen.
- Wir halten eine kontrollierte Konfrontation für das wahrscheinlichste Szenario, gefolgt von einer Ausweitung des Konflikts auf die USA. Beide Ergebnisse bergen Abwärtsrisiken.
- Unserer Ansicht nach sind die regionalen Anleihemärkte zu selbstzufrieden, da die aktuellen Preise die Risiken nicht angemessen widerspiegeln.
Der Konflikt zwischen Israel und dem Iran ist eine äußerst angespannte Situation mit verschiedenen möglichen geopolitischen Folgen. Im Folgenden skizzieren wir vier mögliche Szenarien für die weitere Entwicklung dieses Konflikts und zeigen anschließend die potenziellen Auswirkungen auf die Öl- und Anleihemärkte der Region auf.
1. Szenario einer kontrollierten Konfrontation
In diesem Szenario setzen beide Seiten ihre Angriffe fort, ohne dass die USA oder andere externe Mächte eingreifen. Die Feuergefechte würden wahrscheinlich nachlassen, wenn Israel der Ansicht ist, dass es den militärischen Kräften des Iran ausreichenden Schaden zugefügt hat, was mehrere Wochen oder möglicherweise mehrere Monate dauern könnte. Gelegentliche Feuergefechte könnten jedoch auch über diesen Zeitraum hinaus anhalten. Die Besorgnis über den Versuch des Iran, sein Atomprogramm wieder aufzunehmen, dürfte weiterhin groß sein. Selbst wenn der Iran an Feuerkraft verliert und die Angriffe einseitig werden, könnte er die Situation aushalten und nach Wegen suchen, um zu reagieren und sich wieder aufzubauen. In diesem Szenario bleiben die Auswirkungen des Konflikts auf regionale Vermögenswerte beschränkt, es besteht jedoch die Gefahr von Kollateralschäden an Ölanlagen in der Region oder anderen Zielen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist dies unserer Ansicht nach das wahrscheinlichste Szenario.
2. Ausweitung des Konflikts unter Einbeziehung der USA
Die USA haben sich bislang aus einer direkten Intervention in den Konflikt herausgehalten. Dies könnte sich ändern, wenn US-Militäreinrichtungen in der Region angegriffen werden oder die Energieversorgung aus der Region gefährdet ist. Dies ist ein erhebliches Abwärtsrisiko, das im Falle seines Eintretens wahrscheinlich weitreichende Auswirkungen auf die Märkte hätte. Es ist auch wichtig zu beachten, dass eine Beteiligung der USA an dem Konflikt nicht zwangsläufig zu einer entscheidenden Lösung führen würde. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt halten wir dieses Szenario für mittelmäßig wahrscheinlich.
3. Der Iran macht einen Schritt zurück und nähert sich den USA mit dem Ziel, die Atomgespräche ernsthaft wieder aufzunehmen
Dies könnte dazu führen, dass die USA Israel zu einem Waffenstillstand und zur Wiederaufnahme der Atomverhandlungen drängen. Dies wäre zwar ein konstruktives Ergebnis, aber wir halten es für wenig wahrscheinlich. Denn obwohl der Iran möglicherweise bereit wäre, im Gegenzug für Atomgespräche einem Waffenstillstand zuzustimmen, der ihm eine Kampfpause und die Möglichkeit zur Neuaufstellung verschaffen würde, gibt es für Israel kaum Anreize, ein solches Abkommen zu akzeptieren. Letztendlich ist es schwer vorstellbar, dass der Iran bereit wäre, seine Nuklearkapazitäten und ballistischen Raketen aufzugeben, da dies intern als völlige Kapitulation gegenüber Israel wahrgenommen würde.
4. Sturz des iranischen Regimes
Zum jetzigen Zeitpunkt halten wir dieses Szenario für wenig wahrscheinlich, wobei wir jedoch darauf hinweisen, dass politische Regimewechsel schwer vorherzusagen sind.
Auswirkungen auf Investitionen: Regionale Auswirkungen und Öl
Der Nahe Osten wird in unterschiedlichem Maße von dem Konflikt betroffen sein. Eine negative Entwicklung für alle wäre eine Unterbrechung des Verkehrs in der Straße von Hormus, einer engen Wasserstraße, über die etwa ein Drittel der weltweiten Öllieferungen auf dem Seeweg transportiert werden.Was das Öl betrifft, so beschränken sich die Angriffe bislang auf inländische Energieanlagen; exportiertes Öl ist noch nicht betroffen. Die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien sind in der Lage, einen Großteil ihrer Exporte um die Meerenge herum zu transportieren, was jedoch für den Irak und Kuwait nicht gilt. Das Risiko einer Blockade der Straße von Hormus ist begrenzt, aber angesichts des Konflikts könnten Reedereien und Versicherer davon abgehalten werden, diese Route zu nutzen.
Risiken werden unterschätzt
Angesichts der nach unten gerichteten Risiken sind die regionalen Anleihemärkte im Nahen Osten unserer Ansicht nach zu optimistisch. Eine Lösung des Konflikts ist kurzfristig unwahrscheinlich. Bei den aktuellen Kursen sind Anleger unserer Meinung nach nicht angemessen entschädigt. So sind beispielsweise israelische Kommunalanleihen und Unternehmensanleihen mit erhöhten geopolitischen Risiken, einer möglichen Verschlechterung der öffentlichen Finanzen und einem höheren Finanzierungsbedarf konfrontiert. Insgesamt bleibt das Umfeld höchst unsicher. Wir beobachten die Entwicklung weiterhin, um die Auswirkungen auf die Finanzmärkte zu bewerten.